Steuerhinweis für Rentner Nr. 45                                11.1.2013

Schenkungs- und Erbschaftsteuer
mit den ab 1.1.2009 geltenden Änderungen durch
das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008


1. Vorbemerkung
Im Alter stellt man sich häufiger als sonst die Frage, welchen Anteil der Staat fordert, wenn man sein Vermögen verschenkt (Schenkungen unter Lebenden) oder im Todesfall vererbt (Erwerb von Todeswegen) und ob es Möglichkeiten gibt, die Steuerbelastung zu vermeiden oder zumindest zu mildern.

Bereits zum 1.1.1996 war die Schenkungs- und Erbschaftsteuer grundlegend neu geregelt worden. Dabei gelten gleiche Regelungen für Vermögensübertragungen unter Lebenden und für Erbschaftsfälle. Mit der Reform wurden neben den Steuersätzen auch die Freibeträge erheblich angehoben. Da für das Grundvermögen auch nach dieser Gesetzesänderung Beträge angesetzt wurden, die erheblich unter dem Verkehrswert  lagen, hat das Bundes- verfassungsgericht diese Regelung des Gesetzes für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, das Erbschaftsteuerrecht zumindest bezüglich der Bewertung von Grundvermögen zu ändern.

Die ab 1.1.2009 vorgenommenen Gesetzesänderungen ergeben  sich aus der nachfolgenden Darstellung des geltenden Rechts und sollten den Bedenken des Bundesrechnungshofs Rechnung tragen. Aber auch dieses Gesetz ist weiterhin in einzelnen Punkten (z.B. Befreiung bei Betriebsfortführung durch den Erben) strittig. Der Bundesfinanzhof hat daher durch Beschluß vom 27.9.2012 dem Bundes-verfassungsgericht erneut die Frage vorgelegt, ob das geltende Erbschaftssteuergesetz (ErbStG)  verfassungsgemäß ist.

Bei dem geltenden Recht sind folgende Regelungen besonders zu beachten:
Die gesetzlichen Freibeträge sind auf jeden Erwerbsfall anzuwenden. Ein Alleinerbe kann daher nur seine Freibeträge berücksichtigen, in einer Erbengemeinschaft dagegen jeder Beteiligte für seinen Anteil. Vermögensübertragungen, die an dieselbe Person innerhalb von 10 Jahren stattfinden, sind zusammengefasst zu beurteilen. Liegen die Schenkungen zunächst unter den Freibeträgen, führen weitere Vermögensübertragungen innerhalb dieses Zehnjahreszeitraums bei Überschreiten der Freibeträge zur Entstehung von Steuern.

Bedondere Bedeutung gewinnt die neu geschaffene Befreiungsvorschrift für Wohneigentum, wenn das von dem erbenden Ehepartner oder den Kindern zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.

Ob und ggf. in welcher Höhe nach dem vorhandenen Vermögen und dem geltenden Recht eine Erbschaft- bzw. Schenkungssteuer entstehen kann, ergibt sich aus den Abschnitten 2 ff., die jedoch nur die wichtigsten Regelungen und z.T. auch nur unvollständig wiedergeben können. Es werden daher auch die Fundstellen (§§) zwecks Vertiefung der angesprochenen Regelung angegeben.

Zu beachten ist aber, dass wegen der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit durch den Bundesrechnungshof, evtl. Steuerbescheide nur vorläufig erteilt werden und daher keine endgültige Rechtssicherheit schaffen.

2. Ermittlung des Vermögens und der Bemessungsgrundlagen
Der Schenkungs- und Erbschaftsteuer unterliegen u.a. folgende Vermögenswerte:

Der Wert unbebauter Grundstücke bestimmt sich nach der Grundfläche und dem vom Gutschafterausschuss festgestellten Bodenrichtwert (§ 179 BewG).
Der Wert bebauter Grundstücke ist gem. § 182 BewG für Wohn- und Teileigentum sowie für Ein- und Zweifamilienhäuser mit dem Vergleichswertverfahren (Ableitung aus Kaufpreisen von vergleichbaren Grundstücken bzw. die durch Gutachterausschüsse festgelegten Vergleichspreise, § 183 BewG) zu ermitteln.
Mietwohngrundstücke und Geschäftsgrundstücke mit gemischter Nutzung, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln läßt, sind nach dem Ertragswertverfahren (Summe aus Bodenwert und Gebäudeertragswert, § 184 ff. BewG) zu bewerten.
Für alle anderen Grundstücke (Geschäftsgrundstücke)   gilt das Sachwertverfahren (Ableitung aus Regelherstellkosten, § 189 ff. BewG).
Zu
Wohnzwecke vermietete Grundstücke sind jedoch nur mit 90% ihres Wertes anzusetzen (§ 13 c ErbStG).

3. Steuerklassen
Für die Anwendung der Freibeträge und Steuerklassen ist von entscheidender Bedeutung, welcher Steuerklasse der Vermögensempfänger zuzuordnen ist. Dabei gilt der Grundsatz, je enger das Familienverhältnis ist, um so größer sind die Freibeträge und niedriger die Steuersätze. Folgende Steuerklassen gibt es:

Steuerklasse

Vermögensempfänger ist / sind

I a

Ehegatte oder eingetragener LebenspartnerIn

I b

Kinder und Stiefkinder sowie Enkel, falls deren Eltern verstorben sind

I c

übrige Enkel sowie bei Erwerb von Todeswegen auch Eltern und Großeltern

II

Eltern und Großeltern bei Erwerb unter Lebenden sowie Geschwister, Neffen, Nichten, Schwiegereltern und -kinder, Stiefeltern, geschiedener Ehegatte

III

alle übrigen Erwerber / Erben


4. Freibeträge und sonstige Abzüge (§ 13 ErbStG)

4.1. Befreiung für selbst genutzte Wohnimmobilien (§ 13 Abs.1 Nr.4)

4.2. Steuerbefreiung für Betriebsvermögen usw. (§ 13 a ErbStG)
Zur Sicherung von Betriebsnachfolgen und Erhaltung von Arbeitsplätzen wurden bei der Übertragung von  Betriebsvermögen, Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und Anteilen an Kapitalgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen Steuerbefreiungen geschaffen, die inzwischen bezüglich der Verfassungsmäßigkeit auf dem Prüfstand stehen.

4.3. Persönliche Freibeträge
Auf die unter 2. dargestellte Bemessungsgrundlage sind nach Abzug von Schulden, des Werts einer unter 4.1. beschriebenen steuerbefreiten Wohnimmobilie und des unter 4.2.dargestellten befreiten Betriebsvermögens usw. zusätzlich folgende Freibeträge (in EURO) anzuwenden :

Steuerklasse

Sachliche Freibeträge

persönliche Freibeträge

Versorgungsfreibeträge *)

I a

 

500.000

256.000 zusätzlich

I b

 

Hausrat 41.000

sonstiges bewegliches Vermögen 10.300

400.000

zusätzlich bis zum Alter von:
5 Jahren
52.000,
10 Jahren
41.000,
15 Jahren
30.700,
20 Jahren
20.500,
27 Jahren
10.300

I c

 

Enkel 200.000,
übrige Personen 100.000

 

II

Hausrat und sonstiges bewegliches Vermögen 10.300

20.000

 

III

Hausrat und sonstiges bewegliches Vermögen 10.300

20.000

beschränkt Steuerpflichtige
2.000

 

*) Der Versorgungsfreibetrag wird jedoch bei verwitweten Ehepartnern nur gewährt, soweit er den Kapitalwert der erbschaftsteuerfreien Versorgungsbezüge (z. B. aus einer Betriebsrente) übersteigt. Bei Ehepartnern, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinn- gemeinschaft leben, ist der Zugewinnausgleich zusätzlich steuerfrei.

Bei eingetragenen Lebenspartnerschaften sind die Freibeträge ab 1.1.2009 an die der Ehegatten angepasst worden. Die auf das übersteigende Vermögen anzuwendenden Steuerklassen richten sich nach dem Verwandschaftsverhältnis.

Steuerfrei sind Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten (Mit-) Eigentum an einem inländischen, zu Wohnzwecken genutzten Haus (Eigentumswohnung) verschafft (§ 13 Abs.1 Nr. 4a ErbStG). Entsprechendes gilt bei Freistellung für eingegangene Verpflichtungen und für nachträglichen Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand, die ein Ehegatte für ein Familienwohnheim des anderen Ehegatten oder bei gemeinsamen Wohneigentum trägt.

Sachlich befreit sind u.a. auch übliche Gelegenheitsgeschenke (z.B. zum Geburtstag).

Schuldabzug
Außerdem sind beim Erwerb von Todes wegen u. a. abzugsfähig die
Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachte Pflichtanteile und Erbersatzansprüche sowie sonstige Schulden des Erblassers.

Auch können die nachgewiesen Kosten für die Bestattung des Erblassers und ein angemessenes Grabmahl und dessen Pflege abgezogen werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Nachlassabwicklung entstehen. Ohne Einzelnachweis können dafür 10.300 € vom Erwerbswert abgezogen werden.

5. Steuersätz
Auf den nach Abzug aller Freibeträge und Abzugsbeträge verbleibenden Wert des steuerpflichtigen Erwerbs sind folgende Steuersätze anzuwenden. Dabei richtet sich der Steuersatz nach der Höhe des steuerpflichtigen Vermögens. Der Steuersatz ist einheitlich auf den gesamten zu besteuernden Wert anzuwenden:
In der Steuerklasse I (Ehepartner und Kinder) sind die bisherigen Staffelsteuersätze unverändert geblieben.  In den Steuerklassen II und III gilt ab 2009 bis zu einem steuerpflichtigen Erwerb von 6.000.000 € ein einheitlicher Steuersatz von 30 % und darüber hinaus einer von 50 %. Für die Steuerklasse II wurde aber schon ab 1.1.2010 wieder eine Staffelung eingefüht.
Steuersatz in Prozent bei Steuerklasse ( Steuersatz für 2009 in Klammern):

Steuerpflichtiger Erwerb (in EURO) bis

I

II

III

75.000

7

15 (30)

30

300.000

11

20 (30)

30

600.000

15

25 (30)

30

6.000.000

19

30 (30)

30

13.000.000

23

35 (50)

50

26.000.000

27

40 (50)

50

über 26.000.000

30

43 (50)

50

6. Stundung und Befreiung in besonderen Fällen
Bei Erwerb von vermieteten Wohnimmobilien bzw. eines selbst genutzten Ein- oder Zweifamilienhauses bzw. eines Wohneigentums kann die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu 10 Jahren gestundet werden, wenn anderenfalls zur Zahlung der Steuer die Veräußerung des Grundstücks erforderlich wäre. Eine Stundung ist auch zur Erhaltung eines ererbten Betriebs- oder land- und forstwirtschaflichen Vermögens möglich (§ 28 ErbStG).
Grundbesitz, Kunstgegenstände u.ä. sind gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zu 85 % ihres Wertes steuerfrei, wenn deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt. Unterliegen diese Wirtschaftsgüter der Denkmalpflege, können sie sogar voll befreit werden.
Hat ein Erbe von enem Erblasser ein Vermögen steuerpflichtig geerbt, bleibt dieser Erwerb bis zu 20.000 € steuerfrei, wenn er den Erblasser unentgeltlich oder zu einem geringen Entgelt gepflegt oder Unterhalt gewährt hat  (§ 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG).

7. Steueranmeldung und -erhebung (§§ 20 und 31 ff. ErbStG)
Die Steuerpflicht tritt bei inländischen Schenkern mit dem Zeitpunkt der Zuwendung und bei Erwerben im Todesfall grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers ein, soweit nicht in Einzelfällen (z. B. bei Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen) ein späterer Zeitpunkt vorgesehen ist. Steuerschuldner ist der Erwerber, bei Schenkungen aber auch der Schenker.
Das Finanzamt kann von jedem am Erbfall oder an der Schenkung Beteiligten die Abgabe einer Steuererklärung verlangen.
Darüber hinaus haben Personen, die sich geschäftsmäßig mit
  der Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens befassen (Testamentsvollstrecker, Versicherungsunternehmen usw.) die gesetzliche Verpflichtung, dem zuständigen Finanzamt Anzeige über steuerpflichtige Vorgänge zu erstatten. Entsprechende Anzeigepflichten bestehen auch für Gerichte, Behörden, Beamte und Notare.

 

Beispiele für die Errechnung der Steuerbelastung

 Ab 1.1.2009 geltendes Recht

 Beispiel A

 Beispiel B

Ehepartner wohnt weiter im Haus, Kind nicht

 Ehepartner erbt

 40jähriges Kind erbt

 Grundvermögen

 

 

 

 

 unbebaut: Verkehtswert

 

 60.000

 

60.000

 bebaut: Verkehrswert

 

 600.000

 

600.000

 Barvermögen

 

50.000

 

50.000

 Wertpapiere (Kurswert)

 

80.000

 

80.000

 Sonstige Vermögensgegenstände

 

 

 

 

 Hausrat

35.000

 

35.000

 

 Freibetrag bei StKl. I (bis 41.000)

-35.000

0

-35.000

0

 sonstige bewegliche WG (PKW)

20.000

 

20.000

 

  Freibetrag bei StKl. I (bis 10.300)

-10.300

9.700

-10.300

9.700

 Hausrat und sonstige bewegliche WG

 

 

 

 

 Freibetrag bei StKl. II u. III (bis 10.300)

 

 

 

 

 Summe der Vermögenswerte

 

799.700

 

799.700

 abzüglich Nachlassverbindlichkeiten

 

-45.000

 

 

 Bestattungskosten pauschal (ohne Nachweis)

 

 

 

-10.300

 verbleibendes Vermögen

 

754.700

 

789.400

zuzüglich Schenkungen der letzten 10 Jahre

 

 

 

30.000

 Gesamtvermögen

 

754.700

 

819.400

abzüglich steuerbefreite selbst genutzteWohnimmobilie

 

-600.000

 

0

 abzüglich persönlicher Freibetrag

 

 

 

 

Stkl. I a

500.000

-500.000

 

 

 Stkl. I b

400.000

 

 

-400.000

 Stkl. II u. III

20.000

 

 

 

 abzüglich Versorgungsfreibetrag

 

0

 

419.400

 StKl. I a (256.000)

 

-256.000

 

 

 StKl. I b (altersabhängig)

 

 

 

0

 Zu besteuerndes Vermögen

 

0

 

419.400

 Steuersatz (StKl und vermögensabhängig)

 

11 %

 

25 %

 Steuerbetrag ab 1.1.2009

 

0

 

62.910

 

 

 

 

 

 Zum Vergleich:

 

 

 

 

 Steuerbetrag bis 31.12.2008

 

25.047

 

59.160

 Unterschiede

 

-25.047

 

3.750


Vordruck für eine grobe Einschätzung der möglichen Steuerbelastung in Euro (ab 2010 geltendes Recht)

Bitte eigene Vermögenswerte und Freibeträge eintragen

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Hauptspalte

 Grundvermögen

 

 

 unbebaut: Verkehtswert

 

 

 bebaut: Verkehrswert

 

 

 Barvermögen

 

 

 Wertpapiere (Kurswert)

 

 

 Sonstige Vermögensgegenstände

 

 

 Hausrat bei StKl. I

 

 

 Freibetrag darauf (bis 41.000)

-41.000

 

 sonstige bewegliche WG (PKW) bei StKl. I

 

 

  Freibetrag darauf (bis 10.300)

-10.300

 

 Hausrat und sonstige bewegliche WG bei StKl. II u. III

 

 

 Freibetrag darauf (bis 10.300)

-10.300

 

 Summe der Vermögenswerte

 

 

 abzüglich Nachlassverbindlichkeiten tatsächlich

 

 

 ggf. Bestattungskosten pauschal (ohne Nachweis)

-10.300

 

 verbleibendes Vermögen

 

 

zuzüglich Schenkungen der letzten 10 Jahre

 

 

 Gesamtvermögen

 

 

abzüglich steuerbefreite selbst genutzteWohnimmobilie

 

 

 abzüglich persönlicher Freibetrag

 

 

Stkl. I a

500.000

 

 Stkl. I b

400.000

 

 Stkl. II u. III

20.000

 

 abzüglich Versorgungsfreibetrag

 

 

 StKl. I a

256.000

 

 StKl. I b (altersabhängig)

 

 

 Zu besteuerndes Vermögen

 

 

 Steuersatz (steuerklassen- und vermögensabhängig)

 

 %

 Steuerbetrag

 

 

Helmut Laser