Steuerhinweis für Rentner Nr. 45 11.1.2013
Bereits zum 1.1.1996 war die Schenkungs- und Erbschaftsteuer grundlegend neu geregelt worden. Dabei gelten gleiche Regelungen für Vermögensübertragungen unter Lebenden und für Erbschaftsfälle. Mit der Reform wurden neben den Steuersätzen auch die Freibeträge erheblich angehoben. Da für das Grundvermögen auch nach dieser Gesetzesänderung Beträge angesetzt wurden, die erheblich unter dem Verkehrswert lagen, hat das Bundes- verfassungsgericht diese Regelung des Gesetzes für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, das Erbschaftsteuerrecht zumindest bezüglich der Bewertung von Grundvermögen zu ändern.
Die ab 1.1.2009 vorgenommenen Gesetzesänderungen ergeben sich aus der nachfolgenden Darstellung des geltenden Rechts und sollten den Bedenken des Bundesrechnungshofs Rechnung tragen. Aber auch dieses Gesetz ist weiterhin in einzelnen Punkten (z.B. Befreiung bei Betriebsfortführung durch den Erben) strittig. Der Bundesfinanzhof hat daher durch Beschluß vom 27.9.2012 dem Bundes-verfassungsgericht erneut die Frage vorgelegt, ob das geltende Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) verfassungsgemäß ist.
Bei dem
geltenden
Recht sind folgende Regelungen besonders zu beachten:
Die gesetzlichen Freibeträge sind auf jeden
Erwerbsfall anzuwenden. Ein Alleinerbe kann daher nur seine Freibeträge
berücksichtigen, in einer Erbengemeinschaft dagegen jeder Beteiligte für seinen
Anteil. Vermögensübertragungen, die an dieselbe Person innerhalb von 10 Jahren
stattfinden, sind zusammengefasst zu beurteilen. Liegen die Schenkungen
zunächst unter den Freibeträgen, führen weitere Vermögensübertragungen
innerhalb dieses Zehnjahreszeitraums bei Überschreiten der Freibeträge zur
Entstehung von Steuern.
Bedondere Bedeutung gewinnt die neu geschaffene Befreiungsvorschrift für Wohneigentum, wenn das von dem erbenden Ehepartner oder den Kindern zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
Ob und ggf. in welcher Höhe nach dem vorhandenen Vermögen und dem geltenden Recht eine Erbschaft- bzw. Schenkungssteuer entstehen kann, ergibt sich aus den Abschnitten 2 ff., die jedoch nur die wichtigsten Regelungen und z.T. auch nur unvollständig wiedergeben können. Es werden daher auch die Fundstellen (§§) zwecks Vertiefung der angesprochenen Regelung angegeben.
Zu beachten ist aber, dass wegen der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit durch den Bundesrechnungshof, evtl. Steuerbescheide nur vorläufig erteilt werden und daher keine endgültige Rechtssicherheit schaffen.
2. Ermittlung des Vermögens und der Bemessungsgrundlagen
Der Schenkungs- und Erbschaftsteuer unterliegen
u.a.
folgende Vermögenswerte:
Der
Wert unbebauter Grundstücke bestimmt sich nach der Grundfläche und dem
vom Gutschafterausschuss festgestellten Bodenrichtwert (§ 179 BewG).
Der
Wert bebauter Grundstücke ist gem. § 182 BewG für Wohn- und Teileigentum
sowie für Ein- und Zweifamilienhäuser mit dem Vergleichswertverfahren
(Ableitung aus Kaufpreisen von vergleichbaren Grundstücken bzw. die durch
Gutachterausschüsse festgelegten Vergleichspreise, § 183 BewG) zu ermitteln.
Mietwohngrundstücke und Geschäftsgrundstücke mit gemischter Nutzung,
für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln
läßt, sind nach dem Ertragswertverfahren (Summe aus Bodenwert und Gebäudeertragswert,
§ 184 ff. BewG) zu bewerten.
Für alle anderen Grundstücke (Geschäftsgrundstücke)
gilt das Sachwertverfahren (Ableitung aus Regelherstellkosten,
§ 189 ff. BewG).
Zu Wohnzwecke vermietete Grundstücke sind jedoch nur mit 90% ihres Wertes
anzusetzen (§ 13 c ErbStG).
3. Steuerklassen
Für die Anwendung der Freibeträge und Steuerklassen
ist von entscheidender Bedeutung, welcher Steuerklasse der Vermögensempfänger
zuzuordnen ist. Dabei gilt der Grundsatz, je enger das Familienverhältnis ist,
um so größer sind die Freibeträge und niedriger die Steuersätze. Folgende Steuerklassen gibt es:
Steuerklasse |
Vermögensempfänger ist / sind |
I a |
Ehegatte oder eingetragener LebenspartnerIn |
I b |
Kinder und Stiefkinder sowie Enkel, falls deren Eltern verstorben sind |
I c |
übrige Enkel sowie bei Erwerb von Todeswegen auch Eltern und Großeltern |
II |
Eltern und Großeltern bei Erwerb unter Lebenden sowie Geschwister, Neffen, Nichten, Schwiegereltern und -kinder, Stiefeltern, geschiedener Ehegatte |
III |
alle übrigen Erwerber / Erben |
4. Freibeträge und sonstige Abzüge (§ 13 ErbStG)
4.1. Befreiung für selbst genutzte Wohnimmobilien
(§ 13 Abs.1 Nr.4)
4.2.
Steuerbefreiung für Betriebsvermögen usw. (§ 13 a ErbStG)
Zur
Sicherung von Betriebsnachfolgen und Erhaltung von Arbeitsplätzen wurden bei
der Übertragung von Betriebsvermögen, Betrieben der Land- und Forstwirtschaft
und Anteilen an Kapitalgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen Steuerbefreiungen
geschaffen, die inzwischen bezüglich der Verfassungsmäßigkeit auf dem Prüfstand
stehen.
4.3.
Persönliche Freibeträge
Auf die unter 2. dargestellte Bemessungsgrundlage sind
nach Abzug von Schulden, des Werts einer unter 4.1. beschriebenen steuerbefreiten Wohnimmobilie
und des unter 4.2.dargestellten befreiten Betriebsvermögens usw. zusätzlich folgende Freibeträge (in
EURO) anzuwenden :
Steuerklasse |
Sachliche Freibeträge |
persönliche Freibeträge |
Versorgungsfreibeträge *) |
I a |
|
500.000 |
256.000 zusätzlich |
I b |
Hausrat 41.000 sonstiges bewegliches Vermögen 10.300 |
400.000 |
zusätzlich bis zum Alter
von: |
I c |
|
Enkel 200.000, |
|
II |
Hausrat und sonstiges bewegliches Vermögen 10.300 |
20.000 |
|
III |
Hausrat und sonstiges bewegliches Vermögen 10.300 |
20.000 |
|
*) Der Versorgungsfreibetrag wird jedoch bei verwitweten
Ehepartnern nur gewährt, soweit er den Kapitalwert
der erbschaftsteuerfreien Versorgungsbezüge (z. B. aus einer
Betriebsrente) übersteigt.
Bei Ehepartnern, die im gesetzlichen
Güterstand der Zugewinn- gemeinschaft leben, ist der Zugewinnausgleich zusätzlich steuerfrei.
Bei eingetragenen
Lebenspartnerschaften sind die
Freibeträge ab 1.1.2009 an die der Ehegatten angepasst worden. Die
auf das übersteigende Vermögen anzuwendenden Steuerklassen richten sich nach
dem Verwandschaftsverhältnis.
Steuerfrei sind Zuwendungen
unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten (Mit-) Eigentum an einem
inländischen, zu Wohnzwecken genutzten Haus (Eigentumswohnung) verschafft (§ 13
Abs.1 Nr. 4a ErbStG). Entsprechendes gilt bei Freistellung für eingegangene
Verpflichtungen und für nachträglichen Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand,
die ein Ehegatte für ein Familienwohnheim des anderen Ehegatten oder bei
gemeinsamen Wohneigentum trägt.
Sachlich befreit sind u.a. auch übliche Gelegenheitsgeschenke (z.B.
zum
Geburtstag).
Schuldabzug
Außerdem sind beim Erwerb von Todes wegen u. a.
abzugsfähig die Verbindlichkeiten aus
Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachte Pflichtanteile und
Erbersatzansprüche sowie sonstige Schulden des Erblassers.
Auch können die nachgewiesen Kosten für die Bestattung des Erblassers und ein angemessenes Grabmahl und dessen Pflege abgezogen werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Nachlassabwicklung entstehen. Ohne Einzelnachweis können dafür 10.300 € vom Erwerbswert abgezogen werden.
5.
Steuersätz
Auf
den nach Abzug aller Freibeträge und Abzugsbeträge verbleibenden Wert des
steuerpflichtigen Erwerbs sind folgende Steuersätze anzuwenden. Dabei richtet
sich der Steuersatz nach der Höhe des steuerpflichtigen Vermögens. Der Steuersatz
ist
einheitlich auf den gesamten zu besteuernden Wert anzuwenden:
In
der Steuerklasse I (Ehepartner und Kinder) sind die bisherigen Staffelsteuersätze
unverändert geblieben. In den Steuerklassen
II und III gilt ab 2009 bis zu einem steuerpflichtigen Erwerb von 6.000.000
€ ein einheitlicher Steuersatz von 30 % und darüber hinaus einer von 50 %. Für die Steuerklasse
II wurde aber schon ab 1.1.2010 wieder eine Staffelung eingefüht.
Steuersatz in Prozent bei Steuerklasse (
Steuersatz für 2009 in Klammern):
Steuerpflichtiger Erwerb (in EURO) bis |
I |
II |
III |
75.000 |
7 |
15 (30) |
30 |
300.000 |
11 |
20 (30) |
30 |
600.000 |
15 |
25 (30) |
30 |
6.000.000 |
19 |
30 (30) |
30 |
13.000.000 |
23 |
35 (50) |
50 |
26.000.000 |
27 |
40 (50) |
50 |
über 26.000.000 |
30 |
43 (50) |
50 |
6.
Stundung und Befreiung in besonderen Fällen
Bei
Erwerb von vermieteten Wohnimmobilien bzw. eines selbst genutzten Ein- oder
Zweifamilienhauses bzw. eines Wohneigentums kann die darauf entfallende Erbschaftsteuer
auf Antrag bis zu 10 Jahren gestundet werden, wenn anderenfalls zur Zahlung
der Steuer die Veräußerung des Grundstücks erforderlich wäre. Eine Stundung ist auch
zur Erhaltung eines ererbten Betriebs- oder land- und forstwirtschaflichen
Vermögens möglich (§ 28 ErbStG).
Grundbesitz, Kunstgegenstände u.ä. sind
gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zu 85 % ihres Wertes steuerfrei, wenn deren Erhaltung
im öffentlichen Interesse liegt. Unterliegen diese Wirtschaftsgüter der
Denkmalpflege, können sie sogar voll befreit werden.
Hat
ein Erbe von enem Erblasser ein Vermögen steuerpflichtig geerbt, bleibt dieser
Erwerb bis zu 20.000 € steuerfrei, wenn er den Erblasser unentgeltlich
oder zu einem geringen Entgelt gepflegt oder Unterhalt gewährt hat (§
13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG).
7. Steueranmeldung und -erhebung (§§ 20 und 31 ff. ErbStG)
Die Steuerpflicht tritt bei inländischen Schenkern mit
dem Zeitpunkt der Zuwendung und bei Erwerben im Todesfall grundsätzlich mit dem
Tod des Erblassers ein, soweit nicht in Einzelfällen (z. B. bei Geltendmachung
von Pflichtteilsansprüchen) ein späterer Zeitpunkt vorgesehen ist.
Steuerschuldner ist der Erwerber, bei Schenkungen aber auch der Schenker.
Das Finanzamt kann von jedem am Erbfall oder an der
Schenkung Beteiligten die Abgabe einer Steuererklärung verlangen.
Darüber hinaus
haben Personen, die sich geschäftsmäßig mit
der Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens befassen
(Testamentsvollstrecker, Versicherungsunternehmen usw.) die gesetzliche
Verpflichtung, dem zuständigen Finanzamt Anzeige über steuerpflichtige Vorgänge
zu erstatten. Entsprechende Anzeigepflichten bestehen auch für Gerichte,
Behörden, Beamte und Notare.
Beispiele für die Errechnung der Steuerbelastung
Ab 1.1.2009 geltendes Recht |
Beispiel A |
Beispiel B |
Ehepartner wohnt weiter im Haus, Kind nicht |
Ehepartner erbt |
40jähriges Kind erbt |
Grundvermögen |
|
|
|
|
unbebaut: Verkehtswert |
|
60.000 |
|
60.000 |
bebaut: Verkehrswert |
|
600.000 |
|
600.000 |
Barvermögen |
|
50.000 |
|
50.000 |
Wertpapiere (Kurswert) |
|
80.000 |
|
80.000 |
Sonstige Vermögensgegenstände |
|
|
|
|
Hausrat |
35.000 |
|
35.000 |
|
Freibetrag bei StKl. I (bis 41.000) |
-35.000 |
0 |
-35.000 |
0 |
sonstige bewegliche WG (PKW) |
20.000 |
|
20.000 |
|
Freibetrag bei StKl. I (bis 10.300) |
-10.300 |
9.700 |
-10.300 |
9.700 |
Hausrat und sonstige bewegliche WG |
|
|
|
|
Freibetrag bei StKl. II u. III (bis 10.300) |
|
|
|
|
Summe der Vermögenswerte |
|
799.700 |
|
799.700 |
abzüglich Nachlassverbindlichkeiten |
|
-45.000 |
|
|
Bestattungskosten pauschal (ohne Nachweis) |
|
|
|
-10.300 |
verbleibendes Vermögen |
|
754.700 |
|
789.400 |
zuzüglich Schenkungen der letzten 10 Jahre |
|
|
|
30.000 |
Gesamtvermögen |
|
754.700 |
|
819.400 |
abzüglich steuerbefreite selbst genutzteWohnimmobilie |
|
-600.000 |
|
0 |
abzüglich persönlicher Freibetrag |
|
|
|
|
Stkl. I a |
500.000 |
-500.000 |
|
|
Stkl. I b |
400.000 |
|
|
-400.000 |
Stkl. II u. III |
20.000 |
|
|
|
abzüglich Versorgungsfreibetrag |
|
0 |
|
419.400 |
StKl. I a (256.000) |
|
-256.000 |
|
|
StKl. I b (altersabhängig) |
|
|
|
0 |
Zu besteuerndes Vermögen |
|
0 |
|
419.400 |
Steuersatz (StKl und vermögensabhängig) |
|
11 % |
|
25 % |
Steuerbetrag ab 1.1.2009 |
|
0 |
|
62.910 |
|
|
|
|
|
Zum Vergleich: |
|
|
|
|
Steuerbetrag bis 31.12.2008 |
|
25.047 |
|
59.160 |
Unterschiede |
|
-25.047 |
|
3.750 |
Vordruck für eine grobe Einschätzung der möglichen Steuerbelastung in Euro (ab 2010 geltendes Recht)
Bitte eigene Vermögenswerte und Freibeträge eintragen |
Vorspalte |
Hauptspalte |
Grundvermögen |
|
|
unbebaut: Verkehtswert |
|
|
bebaut: Verkehrswert |
|
|
Barvermögen |
|
|
Wertpapiere (Kurswert) |
|
|
Sonstige Vermögensgegenstände |
|
|
Hausrat bei StKl. I |
|
|
Freibetrag darauf (bis 41.000) |
-41.000 |
|
sonstige bewegliche WG (PKW) bei StKl. I |
|
|
Freibetrag darauf (bis 10.300) |
-10.300 |
|
Hausrat und sonstige bewegliche WG bei StKl. II u. III |
|
|
Freibetrag darauf (bis 10.300) |
-10.300 |
|
Summe der Vermögenswerte |
|
|
abzüglich Nachlassverbindlichkeiten tatsächlich |
|
|
ggf. Bestattungskosten pauschal (ohne Nachweis) |
-10.300 |
|
verbleibendes Vermögen |
|
|
zuzüglich Schenkungen der letzten 10 Jahre |
|
|
Gesamtvermögen |
|
|
abzüglich steuerbefreite selbst genutzteWohnimmobilie |
|
|
abzüglich persönlicher Freibetrag |
|
|
Stkl. I a |
500.000 |
|
Stkl. I b |
400.000 |
|
Stkl. II u. III |
20.000 |
|
abzüglich Versorgungsfreibetrag |
|
|
StKl. I a |
256.000 |
|
StKl. I b (altersabhängig) |
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|
Zu besteuerndes Vermögen |
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|
Steuersatz (steuerklassen- und vermögensabhängig) |
|
% |
Steuerbetrag |
|
|
Helmut Laser