Steuerhinweis für Rentner Nr. 55                                          12.10.2014

Steuererklärungspflicht und Veranlagung aus berechtigtem Interesse
(
Steuerklassen bei Beendigung einer Ehe bzw. eingetragenen Lebenspartnerschaft)

1. Steuererklärungspflicht für Arbeitnehmer

 Arbeitnehmer sind nur in bestimmten Fällen zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, z.B.

Die Abgabefrist für diese Einkommensteuererklärungen ist der 31.5. des Folgejahres, kann aber vom Finanzamt auf Antrag verlängert werden.

2. Veranlaung aus berechtigtem Interesse

In den anderen Fällen ist ein Arbeitnehmer zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung nicht verpflichtet, aber bis zum Ablauf der 4jährigen Festsetzungsfrist (für das Kj. 2013 bis 31.12.2017) berechtigt, eine Steuererklärung einzureichen zur Erlangung einer geringeren Steuerbelastung. Dieses ergibt sich z. B. dadurch, dass in die Lohnsteuertabellen nur die folgenden Freibeträge und Pauschalen eingearbeitet sind und weitere Werbungskosten oder Sonderausgaben daher nur im Veranlagungsverfahren berücksichtigt werden können:

Freibeträge für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf sind in die Tabellen nicht eingearbeitet.

Übersteigen die tatsächlichen Aufwendungen die eingearbeiteten Pauschbeträge oder sind zusätzliche abzugsfähige Aufwendungen geltend zu machen, besteht somit ein Interesse, eine Einkommensteuerveranlagung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu beantragen.

Wer also nicht erklärungspflichtig ist, sollte nach Ablauf eines Kalenderjahres dennoch prüfen, ob eine Einkommensteuererklärung abgegeben werden sollte, um Steuerstattungen zu erwirken, die sich der Fiskus sonst in die Tasche steckt.

Wer also eine weitere Strecke zur Arbeitsstätte zurücklegen muss, sollte ausrechnen, ob der sich ergebende Werbungskostenbetrag die Pauschale von 1.000 € übersteigt. Anzahl der Tage X Entfernungskilometer X 0,30 € ergibt den abzugsfähigen Betrag, der noch um weitere Werbungskosten wie Gewerkschaftsbeiträge und Fortbildungskosten ergänzt werden kann. 15 Kilometer an 225 Tagen reichen z. B. aus, um den Betrag von 1.000 € zu übersteigen.

Bei den Sonderausgaben führen z. B. private Krankenkassenbeiträge, die keinen Anspruch auf Krankengeld begründen, dazu, dass der abzugsfähige Vorsorgebeitrag steigt und sich steuermindernd auswirkt. Entsprechendes gilt für Spenden und Beiträge an gemeinnützige Einrichtungen (z. B. Sportvereine) und gezahlte Kirchensteuern.

Auch außergewöhnliche Krankheitskosten können sich steuerlich auswirken, wenn sie die zumutbare Eigenbelastung (familienabhängiger Prozentsatz des zu versteuernden Einkommens) übersteigen. Größere Aufwendungen für Operation, Brillen und Zahnersatz sollte man -wenn möglich- in einem Kalenderjahr zusammen fallen lassen.

3. Einzel- oder Zusammenveranlagung

Ehegatten bzw. Lebenspartner, die im Inland zusammengelebt haben, haben die Wahl zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung. Eine Einzelveranlagung erfolgt, wenn einer der Partner die Einzelveranlagung beantragt. In diesem Fall muss jeder Ehegatte bzw. Lebenspartner eine eigene Steuererklärung mit seinen persönlichen Angaben und seinen eigenen Einkünften erstellen. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen können nur insoweit geltend gemacht werden wie sie auf eigenen Verpflichtungen beruhen und selbst wirtschaftlich getragen wurden. Eine Zusammenveranlagung erfolgt, wenn die Ehepartner eine gemeinsame Steuererklärung abgeben, die von beiden unterschriebenen sein muss. Ohne eine eindeutige Erklärung unterstellt das Finanzamt, dass die Zusammenveranlagung gewünscht wird.

Eine besondere Situation ergibt sich für Ehepartner und eingetragene Lebenspartnerschaften, wenn sie sich trennen. Dabei ist bereits der Zeitpunkt des Beginns einer dauernden Trennung von Bedeutung, weil dann eine Zusammenveranlagung nicht mehr durchgeführt werden kann. Das gilt erst recht, wenn die Scheidung gerichtlich ausgesprochen bzw. die Lebenspartnerschaft aufgehoben wurde. Keine Trennung liegt vor, wenn die Partner nur vorübergehend nicht zusammenleben (z. B. aus beruflichen Gründen).

Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten bzw. Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft (gilt auch bei dauernd getrennt Lebenden) können bis zu 13.805 € jährlich als Sonderausgaben abgezogen werden. Dieser Betrag erhöht sich bei Übernahme der Beiträge zu einer Basis-Kranken- und gesetzlichen Pflegeversicherung entsprechend. Zu beachten ist, dass der Empfänger dieser Unterhaltsleistungen diese als sonstige Einkünfte zu versteuern hat (Anlage SO Zeilen 5 und 6). Ohne eigene zusätzliche Einnahmen werden die Unterhaltsleistungen jedoch meist zu keiner Steuerbelastung führen, während sie beim Zahlenden das Einkommen mindern.

Bei erstmaliger Antragstellung ist die Anlage U zu verwenden, die der Empfänger der Leistungen auch unterschreiben muss. Ohne Zustimmung des Empfängers sind die Aufwendungen ggf. nur als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Neu ist, dass ab 2013 Kosten der Scheidung bzw. Aufhebung der Lebenspartnerschaft nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.

4. Familienausgleich

Sind aus der Ehe Kinder hervorgegangen, für die ein Kinderfreibetrag / Kindergeld zu gewähren ist, müssen die Ehepartner entscheiden, wer die entsprechende Steuerklasse erhalten soll und wer die Freibeträge wegen Unterhalt und Ausbildung beanspruchen kann. Dieses sollte im Rahmen einer Trennungsregelung möglichst einvernehmlich geschehen und auch eingehalten werden.

Beim Familienleistungsausgleich 2013 wurde im Laufe des  Jahres ein Kindergeld von je 2.208 € für das 1. und 2. Kind, 2.280 € für das 3. und je 2.580 € für jedes weitere Kind gezahlt. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung prüft das Finanzamt, ob der Abzug eines Kinderfreibetrages von 2.184 € und eines zusätzlichen Freibetrages von 1.320 € für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf zu einem günstigeren Ergebnis führt oder es beim Kindergeld verbleibt. Bei einer Zusammenveranlagung verdoppeln sich die Freibeträge. Um die Günstigerprüfung durchführen zu können, muss für jedes Kind eine Anlage Kind der Einkommensteuererklärung beigefügt werden. Bei der Günstigerprüfung werden die Kinderfreibeträge abgezogen und dem sich dann ergebenden Einkommensteuerbetrag das Kindergeld hinzugerechnet. Darauf ist die im Lohnabzugsverfahren einbehaltene Lohnsteuer anzurechnen. Ergibt sich dann ein Erstattungsbetrag, ist die Veranlagung mit Kinderfreibetrag die günstigere Regelung.

Ein Kindschaftsverhältnis besteht zwischen Eltern und ihrem leiblichen Kind, aber auch gegenüber ihrem angenommenen Kind (Adoptivkind) und ihrem Pflegekind. Ist ein leibliches Kind bei einer anderen steuerpflichtigen Person ein Pflegekind, kann es nicht mehr als leibliches Kind steuerlich berücksichtigt werden, sonden nur als Pflegekind bei den Pflegeeltern.

Bei geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Eltern sowie bei Eltern nichtehelicher Kinder kann ein Elternteil beantragen, dass der Kinderfreibetrag des anderen Elternteils auf ihn übertragen wird. Damit soll erreicht werden, dass die Steuerminderung bei dem Elternteil wirkt, der die Belastungen für das Kind trägt. Das ist der Fall, wenn dieser Elternteil und nicht der andere seine Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Kind im Kalenderjahr zu mindestens 75% erfüllt oder der andere Elterteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist und keine Unterhalts- leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt worden sind.

Die genannten Übertragungsvoraussetzungen sind grundsätzlich auch für eine Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf zu beachten. Allerdings kann davon abweichend ein Elternteil die Übertragung der Hälfte dieses Freibetrags des anderen Elternteils beantragen, sofern das minderjährige Kind bei dem anderen Elternteil nicht gemeldet war und der Übertragung nicht widersprochen wurde. Dem Antrag auf Übertragung kann aber nicht entsprochen werden, wenn der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet war, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang z. B. an Wochenenden und Ferien betreut und dieser Elternteil der Übertragung des Freibetrags widerspricht.

Die Kinder- und Betreuungsfreibeträge können auch auf einen Stief- oder Großelternteil übertragen werden, wenn sie das Kind in ihrem Haushalt aufgenommen haben.

 

5. Alleinerziehende

Für Alleinerziehende wird ein Freibetrag von 1.308 € pro Jahr gewährt, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihr ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Eine Haushaltszugehörigkeit ist anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des allein stehenden Steuerpflichtigen gemeldet ist. Ist das Kind auch noch bei einer anderen Person gemeldet, erhält derjenige den Entlastungsbetrag, der die Voraussetzungen auf Auszahlung des Kindergelds erfüllt. Alleinstehend sind Personen, die nicht die Voraussetzungen für das Splitting-Verfahren (Zusammenveranlagung) erfüllen oder verwitwet sind und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden.

Für ein auswärtig untergebrachtes volljähriges Kind, das sich in Berufsausbildung befindet, kann zur Abgeltung des Sonderbedarfs ein Freibetrag bis zu 924 € gewährt werden, wenn für das Kind ein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht. Bei geschiedenen oder getrennt lebenden Eltern wird der Freibetrag jedem Elternteil zur Hälfte gewährt.

Kinderbetreuungskosten können für ein zum Haushalt gehörendes Kind, für das ein Kindergeld oder Kinderfreibetrag zusteht, bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres berücksichtigt werden (bei körperlich, geistig oder seelischer Behinderung auch darüber hinaus). Abzugsfähig sind 2/3 (höchstens 4.000 € je Kind) der nachgewiesenen Aufwendungen für Unterbringung in Kindergärten und dergl. sowie für Tagesmütter usw., Haushaltshilfen, soweit sie Kinder betreuen, und Beaufsichtigung von Kindern zur Erledigung der häuslichen Schulaufgaben (nicht jedoch für Nachhilfeunterricht und Freizeitbeschäftigung). Diese Begünstigung wird in der Regel auch für Alleinerziehende eine besondere Bedeutung haben.

Da in den Lohnsteuertabellen Freibeträge für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf nicht eingearbeitet sind, können die oben genannten Freibeträge bei der Prüfung, ob statt des Kindergeldes eine Veranlagung unter Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen steuerlich vorteilhaft ist, ggf. ausschlaggebend sein und sollten in die evtl. abzugebende Einkommensteuererklärung daher unbedingt einbezogen werden.

 

6. Fazit:
Die Frage, ob insbesondere bei dauernder Trennung oder Beendigung einer Ehe eine Einkommensteuererklärung zur Erlangung eines steuerlich günstigen  Ergebnisses abgegeben werden sollte, kann in der Regel nicht ohne den ehemaligen Partner getroffen werden. Dieses gilt besonders dann, wenn aus der Partnerschaft Kinder hervorgegangen sind. Außerdem ist es erforderlich, auch alle anderen Aspekte, die zur Steuerminderung führen können, mit in die Betrachtung einzubeziehen. Die dafür wesentlichen Sachverhalte sind oben dargestellt, aber im Einzelfall nicht vollständig ausgeführt, so dass eine Prüfung ggf. nur durch Hinzuziehung einer fachlichen Beratung (Steuerberater oder auch Finanzamt) erschöpfend möglich ist.

Helmut Laser