Steuerhinweis für Rentner Nr. 65                                           21.08.2015

Abgeltungssteuersatz ist auch zwischen Angehörigen möglich
(BFH-Rechtsprechung führt zu Änderungen des Steuerhinweises für Rentner Nr. 26)

Der Bundesfinanzhof hat im Jahr 2014 in 3 Urteilen die bisherige Handhabung der Finanzverwaltung eingeschränkt und die Auffassung vertreten, dass die Anwendung des Abgeltungssteuersatzes nicht schon deswegen nach § 32 d Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a EStG ausgeschlossen ist, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung sind (Urteile vom 29.4.2014).

Nach bisheriger Gesetzesauslegung waren solche Kapitalerträge in der Steuererklärung  in der Anlage KAP 2014 in Zeile 21 als Kapitalerträge zu deklarieren, die der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Darauf war der Sparerpauschbetrag nicht anzuwenden, so dass auf den gesamten Zinsbetrag eine Einkommensteuerbelastung mit dem Grenzsteuersatz entstand. Bei über 64jährigen ergab sich in der Regel eine Einkommensminderung durch den Altersentlastungsbetrag.

Nach den BFH-Urteilen aus 2014 ist die Vorschrift des § 32 d EStG dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein solches Näheverhältnis nur dann vorliegt. wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder außerhalb der Geschäftsbeziehungen liegender Einfluß ausgeübt werden kann oder ein eigenes Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen besteht.

Das bedeutet, dass Vertragsverhältnisse unter nahen Angehörigen nicht automatisch die Anwendung des Abgeltungssteuersatzes ausschließen, selbst wenn aufgrund des Steuergefälles ein Gesamtbelastungsvorteil entsteht. Dieses gilt erst recht, wenn die Vertragsbedingungen einem Fremdvergleich nahe kommen. Dieses dürfte zum Beispiel insbesondere dann anzunehmen sein, wenn Eltern ihrem Kind ein Darlehen mit einem üblichen Zinssatz gewähren und das Kind damit eine Immobilie finanziert und an die Eltern unter üblichen Mietbedingungen vermietet.

Diese Rechtsprechung hat in Einzelfällen allerdings erhebliche Auswirkungen.

Die bisherige Besteuerungspraxis führte dazu, dass auf die Kapitalerträge ohne Abzug einer Sparerpauschale der tarifliche Steuersatz wirkte, der bei geringeren Einkommen unter dem Abgeltungssteuersatz liegen konnte. Bei über 64jährigen führte der auf diese Erträge zu berechnende Altersentlastungsbetrag zu zusätzlichen Steuerminderungen.

Werden die Kapitalerträge der Rechtsprechung entsprechend dem Abgeltungssteuersatz unterworfen, ist bei der gesonderten Steuerfestsetzung mit dem Abgeltungssteuersatz eine Berücksichtigung nicht ausgeschöpfter Sparerpauschbeträge nicht möglich und ein Altersentlastungsbetrag entfällt. In diesem Fall müßte in der Steuererklärung die Einbeziehung der Kapitalerträge in die Einkommensermittlung mit Anwendung der Tarifbelastung im Vordruck KAP in der Zeile 4 beantragt (angekreuzt) werden und alle anderen Kapitalerträge müssen erklärt und belegt werden.  Das Finanzamt prüft dann im Rahmen einer Günstigerprüfung, ob die Einbeziehung zu dem  gewünschten günstigeren Ergebnis führt.

Achtung: Da der Verzicht auf die Anwendung des Abgeltungssteuersatzes antragsgebunden ist, muss darauf geachtet werden, dass das Finanzamt nicht von sich aus die BFH-Rechtsprechung anwendet ohne den Steuerpflichtigen auf die mögliche Antragstellung hinzuweisen, was erhebliche Nachteile nach sich ziehen kann.

Helmut Laser