Steuerhinweis für Rentner Nr. 19 31.12.2008
1. Vorbemerkung
Im Alter stellt man sich häufiger als sonst die Frage, welchen Anteil der Staat fordert, wenn man sein Vermögen verschenkt (Schenkungen unter Lebenden) oder im Todesfall vererbt (Erwerb von Todeswegen) und ob es Möglichkeiten gibt, die Steuerbelastung zu vermeiden oder zumindest zu mildern.
Zum 1.1.1996 war die Schenkungs- und Erbschaftsteuer grundlegend neu geregelt worden. Dabei gelten gleiche Regelungen für Vermögensübertragungen unter Lebenden und für Erbschaftsfälle. Mit der Reform wurden neben den Steuersätzen auch die Freibeträge erheblich angehoben.
Da für das Grundvermögen auch nach dieser Gesetzesänderung nach wie vor Beträge angesetzt werden, die erheblich unter dem Verkehrswert liegen, hat das Bundesverfassungsgericht diese Regelung des Gesetzes inzwischen für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, das Erbschaftsteuerrecht zumindest bezüglich der Bewertung von Grundvermögen zu ändern. Durch die ab 1.1.2009 vorgenommenen Gesetzesänderungen soll dem Rechnung getragen werden. Die danach vorgesehenen Änderungen ergeben sich aus der nachfolgenden Darstellung (bisherige Werte sind in rot vermerkt).
Zu beachten ist, dass die gesetzlichen Freibeträge auf jeden Erwerbsfall anzuwenden sind. Ein Alleinerbe kann daher nur seine Freibeträge berücksichtigen, in einer Erbengemeinschaft dagegen jeder Beteiligte für seinen Anteil. Vermögensübertragungen, die an dieselbe Person innerhalb von 10 Jahren stattfinden, sind jedoch zusammengefasst zu beurteilen. Liegen die Schenkungen zunächst unter den Freibeträgen, führen weitere Vermögensübertragungen innerhalb dieses Zehnjahreszeitraums bei Überschreiten der Freibeträge zur Entstehung von Steuern.
Das Erbschaftsteuerrecht bietet sicherlich auch künftig noch Gestaltungsmöglichkeiten, die man jedoch nur nach einer speziellen fachlichen Beratung entscheiden sollte. Dabei gewinnt die neu geschaffene Befreiungsvorschrift für Wohneigentum, das von dem erbenden Ehepartner oder den Kindern zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, eine besondere Bedeutung. Zunächst sollte man sich daher vergewissern, ob und ggf. in welcher Höhe nach dem vorhandenen Vermögen eine Steuer entstehen kann, bevor man durch Gestaltungen die Belastung zu minimieren versucht. Diesem Zweck dienen die folgenden Hinweise.
2. Ermittlung des Vermögens und der Bemessungsgrundlagen
Der Schenkungs- und Erbschaftsteuer unterliegen folgende Vermögenswerte:
3. Steuerklassen
Für die Anwendung der Freibeträge und Steuerklassen ist von entscheidender Bedeutung, welcher Steuerklasse der Vermögensempfänger zuzuordnen ist. Dabei gilt der Grundsatz, je enger das Familienverhältnis ist, um so größer sind die Freibeträge und niedriger die Steuersätze.
Folgende drei Steuerklassen gibt es:
Steuerklasse I a |
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner |
b |
Kinder und Stiefkinder sowie Enkel, falls deren Eltern verstorben sind |
c |
übrige Enkel sowie bei Erwerb von Todeswegen auch für Eltern und Großeltern |
Steuerklasse II |
Eltern und Großeltern bei Erwerb unter Lebenden, Geschwister, Neffen, Nichten, Schwiegereltern und -kinder, Stiefeltern, geschiedener Ehegatte |
Steuerklasse III |
alle übrigen Erwerber |
4. Freibeträge und sonstige Abzüge
4.1. Befreiung für selbst genutzte Wohnimmobilien
4.2.
Persönliche Freibeträge
Auf die unter 2. dargestellte Bemessungsgrundlage sind
nach Abzug des Werts einer nach 4.1. steuerbefreiten Wohnimmobilie
folgende Freibeträge anzuwenden (bisherige Werte in
roten Klammenn):
Steuerklasse |
Sachliche Freibeträge |
persönliche Freibeträge |
Versorgungsfreibeträge *) |
I a |
|
500.000 € (307.000 €) |
256.000 € zusätzlich |
I b |
Hausrat 41.000 €
sonstiges bewegliches Vermögen 10.300 € (12.000 €) |
400.000 € (205.000 €) |
zusätzlich bis zum Alter von 5 Jahren 10 Jahren 15 Jahren 20 Jahren 27 Jahren |
I c |
|
Enkel 200.000 € |
|
II |
Hausrat und sonstiges bewegliches Vermögen 10.300 € |
20.000 € (10.300 €) |
|
III |
Hausrat und sonstiges bewegliches Vermögen 10.300 € |
20.000 € (5.200
€, beschränkt Steuerpfl. |
|
*) Der Versorgungsfreibetrag wird jedoch bei verwitweten Ehepartnern nur gewährt, soweit er den Kapitalwert der erbschaftsteuerfreien Versorgungsbezüge (z. B. aus VW-Rente) übersteigt. Bei Ehepartnern, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, ist der Zugewinnausgleich zusätzlich steuerfrei.
Bei eingetragenen Lebenspartnerschaften sind die Freibeträge ab 1.1.2009 an die der Ehegatten angepasst worden (persönlicher Freibetrag 500.000 € Versorgungsfreibetrag 256.000 € und Freibeträge für Hausrat 41.000 € sowie andere bewegliche Gegenstände 12.000 €). Die auf das übersteigende Vermögen anzuwendenden Steuerklassen richten sich nach dem Verwandschaftsverhältnis. Das bedeutet, dass hierauf in der Regel die Steuerklassen II bzw. III anzuwenden sein werden mit erheblich höheren Prozentsätzen als bisher.
Steuerfrei sind Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten (Mit-) Eigentum an einem inländischen, zu Wohnzwecken genutzten Haus (Eigentumswohnung) verschafft (§ 13 Abs.1 Nr.4a ErbStG). Entsprechendes gilt bei Freistellung für eingegangene Verpflichtungen und für nachträglichen Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand, die ein Ehegatte für ein Familienwohnheim des anderen Ehegatten oder bei gemeinsamen Wohneigentum trägt.
Sachlich befreit sind u.a. auch übliche Gelegenheitsgeschenke (z. B. zum
Geburtstag).
Außerdem sind beim Erwerb von Todes wegen u. a.
abzugsfähig die Verbindlichkeiten aus
Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachte Pflichtanteile und
Erbersatzansprüche sowie sonstige Schulden des Erblassers.
Auch können die nachgewiesen Kosten für die Bestattung des Erblassers und ein angemessenes Grabmahl und dessen Pflege abgezogen werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Nachlassabwicklung entstehen. Ohne Einzelnachweis können dafür 10.300 € vom Erwerbswert abgezogen werden.
5. Steuersätze
Auf den nach Abzug aller Freibeträge und Abzugsbeträge verbleibenden Wert des steuerpflichtigen Erwerbs sind folgende Steuersätze anzuwenden. Dabei richtet sich der Steuersatz nach der Höhe des steuerpflichtigen Vermögens. Er ist einheitlich auf den gesamten zu besteuernden Wert anzuwenden:
In der Steuerklasse I (Ehepartner und Kinder) sind die bisherigen Staffelsteuersätze unverändert geblieben. Durch geringe Erhöhungen der Bemessungswerte je Stufe ist sogar eine entsprechende Entlastung zu verzeichnen. In den Steuerklassen II und III galt dagegen bis zu einem steuerpflichtigen Erwerb von 6.000.000 € ein einheitlicher Steuersatz von 30 % und darüber hinaus einer von 50 %, was eine erheblich höhere Steuerbelastung als bisher führt. Für die Steuerklasse II wurde daher ab 1.1.2010 wieder eine Staffelung eingeführt.
Steuersatz in Prozent bei Steuerklasse (Steuersatz 2009 in Klammern):
Steuerpflichtiger Erwerb bis (in €) |
I
|
II |
III |
75.000 |
7 |
15 (30) |
30 |
300.000 |
11 |
20 (30) |
30 |
600.000 |
15 |
25 (30) |
30 |
6.000.000 |
19 |
30 (30) |
30 |
13.000.000 |
23 |
35 (50) |
50 |
26.000.000 |
27 |
40 (50) |
50 |
über 26.000.00 |
30 |
43 (50) |
50 |
6. Stundung und Befreiung in besonderen Fällen
Bei
Erwerb von vermieteten Wohnimmobilien bzw. eines selbst genutzten Ein- oder
Zweifamilienhauses bzw. Wohneigentums kann die darauf entfallende Erbschaftsteuer
auf Antrag bis zu 10 Jahren gestundet werden, wenn anderenfalls zur Zahlung
der Steuer die Veräußerung des Grundstücks erforderlich wäre.
Die
bestehende Steuerbefreiung für Baudenkmäler beträgt künftig 85% (bisher 60%).
Hat
ein Erbe von enem Erblasser ein Vermögen steuerpflichtig geerbt, bleibt dieser
Erwerb bis zu 20.000 € (bisher 5.200 €) steuerfrei, wenn er den Erblasser unentgeltlich
oder zu einem geringen Entgelt gepflegt oder Unterhalt gewährt hat. Dieses gilt
auch für Geschwister.
7. Steueranmeldung und -erhebung
Die Steuerpflicht tritt bei inländischen Schenkern mit dem Zeitpunkt der Zuwendung und bei Erwerben im Todesfall grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers ein, soweit nicht in Einzelfällen (z. B. bei Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen) ein späterer Zeitpunkt vorgesehen ist. Steuerschuldner ist der Erwerber, bei Schenkungen aber auch der Schenker.
Das Finanzamt kann von jedem am Erbfall oder an der Schenkung Beteiligten die Abgabe einer Erklärung verlangen. Darüber hinaus haben Personen, die sich geschäftsmäßig mit der Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens befassen (Testamentsvollstrecker, Versicherungsunternehmen usw.) die gesetzliche Verpflichtung, dem zuständigen Finanzamt Anzeige über steuerpflichtige Vorgänge zu erstatten. Entsprechende Anzeigepflichten bestehen auch für Gerichte, Behörden, Beamte und Notare.
Beispiele für die Errechnung der Steuerbelastung
Bis 31.12.2008 |
Beispiel A |
Beispiel B |
geltendes Recht |
Ehepartner erbt |
40jähriges Kind erbt |
Grundvermögen |
|
|
|
|
unbebaut: 80% des Bodenrichtwertes je qm |
|
40.000 |
|
40.000 |
bebaut: Vergleichs- bzw. Nettokaltmiete |
|
400.000 |
|
400.000 |
Barvermögen |
|
50.000 |
|
50.000 |
Wertpapiere (Kurswert) |
|
80.000 |
|
80.000 |
Sonstige Vermögensgegenstände |
|
|
|
|
Hausrat |
35.000 |
|
35.000 |
|
Freibetrag bei StKl. I (bis 41.000) |
-35.000 |
0 |
-35.000 |
0 |
sonstige bewegliche WG (PKW) |
20.000 |
|
20.000 |
|
Freibetrag bei StKl. I (bis 10.300) |
-10.300 |
9.700 |
-10.300 |
9.700 |
Hausrat und sonstige bewegliche WG |
|
|
|
|
Freibetrag bei StKl. II u. III (bis 10.300) |
|
|
|
|
Summe der Vermögenswerte |
|
579.700 |
|
579.700 |
abzüglich Nachlassverbindlichkeiten |
|
-45.000 |
|
|
Bestattungskosten pauschal (ohne Nachweis) |
|
|
|
-10.300 |
verbleibendes Vermögen |
|
534.700 |
|
569.400 |
zuzüglich Schenkungen der letzten 10 Jahre |
|
|
|
30.000 |
Gesamtvermögen |
|
534.700 |
|
599.400 |
abzüglich persönlicher Freibetrag |
|
|
|
|
Stkl. I a |
|
-307.000 |
|
|
Stkl. I b |
|
|
|
-205.000 |
Stkl. II u. III |
|
|
|
|
abzüglich Versorgungsfreibetrag |
|
|
|
|
StKl. I a (256.000) |
|
|
|
|
StKl. I b (altersabhängig) |
|
|
|
0 |
Zu besteuerndes Vermögen |
|
227.700 |
|
394.400 |
Steuersatz (StKl und vermögensabhängig) |
|
11 % |
|
15 % |
Steuerbetrag |
|
25.047 |
|
59.160 |
Ab 1.1.2009 geltendes Recht |
Beispiel A |
Beispiel B |
Ehepartner wohnt weiter im Haus, Kind nicht |
Ehepartner erbt |
40jähriges Kind erbt |
Grundvermögen |
|
|
|
|
unbebaut: Verkehtswert |
|
60.000 |
|
60.000 |
bebaut: Verkehrswert |
|
600.000 |
|
600.000 |
Barvermögen |
|
50.000 |
|
50.000 |
Wertpapiere (Kurswert) |
|
80.000 |
|
80.000 |
Sonstige Vermögensgegenstände |
|
|
|
|
Hausrat |
35.000 |
|
35.000 |
|
Freibetrag bei StKl. I (bis 41.000) |
-35.000 |
0 |
-35.000 |
0 |
sonstige bewegliche WG (PKW) |
20.000 |
|
20.000 |
|
Freibetrag bei StKl. I (bis 10.300) |
-10.300 |
9.700 |
-10.300 |
9.700 |
Hausrat und sonstige bewegliche WG |
|
|
|
|
Freibetrag bei StKl. II u. III (bis 10.300) |
|
|
|
|
Summe der Vermögenswerte |
|
799.700 |
|
799.700 |
abzüglich Nachlassverbindlichkeiten |
|
-45.000 |
|
|
Bestattungskosten pauschal (ohne Nachweis) |
|
|
|
-10.300 |
verbleibendes Vermögen |
|
754.700 |
|
789.400 |
zuzüglich Schenkungen der letzten 10 Jahre |
|
|
|
30.000 |
Gesamtvermögen |
|
754.700 |
|
819.400 |
abzüglich steuerbefreite selbst genutzteWohnimmobilie |
|
-600.000 |
|
0 |
abzüglich persönlicher Freibetrag |
|
|
|
|
Stkl. I a |
500.000 |
-500.000 |
|
|
Stkl. I b |
400.000 |
|
|
-400.000 |
Stkl. II u. III |
20.000 |
|
|
|
abzüglich Versorgungsfreibetrag |
|
0 |
|
419.400 |
StKl. I a (256.000) |
|
-256.000 |
|
|
StKl. I b (altersabhängig) |
|
|
|
0 |
Zu besteuerndes Vermögen |
|
0 |
|
419.400 |
Steuersatz (StKl und vermögensabhängig) |
|
11 % |
|
15 % |
Steuerbetrag ab 1.1.2009 |
|
0 |
|
62.910 |
|
|
|
|
|
Zum Vergleich: |
|
|
|
|
Steuerbetrag bis 31.12.2008 |
|
25.047 |
|
59.160 |
Unterschiede |
|
-25.047 |
|
3.750 |
Vordruck für eine grobe Einschätzung der
möglichen Steuerbelastung in Euro (neues Recht)
Bitte eigene Vermögenswerte und Freibeträge eintragen |
Vorspalte |
Hauptspalte |
Grundvermögen |
|
|
unbebaut: Verkehtswert |
|
|
bebaut: Verkehrswert |
|
|
Barvermögen |
|
|
Wertpapiere (Kurswert) |
|
|
Sonstige Vermögensgegenstände |
|
|
Hausrat bei StKl. I |
|
|
Freibetrag darauf (bis 41.000) |
-41.000 |
|
sonstige bewegliche WG (PKW) bei StKl. I |
|
|
Freibetrag darauf (bis 10.300) |
-10.300 |
|
Hausrat und sonstige bewegliche WG bei StKl. II u. III |
|
|
Freibetrag darauf (bis 10.300) |
-10.300 |
|
Summe der Vermögenswerte |
|
|
abzüglich Nachlassverbindlichkeiten tatsächlich |
|
|
ggf. Bestattungskosten pauschal (ohne Nachweis) |
-10.300 |
|
verbleibendes Vermögen |
|
|
zuzüglich Schenkungen der letzten 10 Jahre |
|
|
Gesamtvermögen |
|
|
abzüglich steuerbefreite selbst genutzteWohnimmobilie |
|
|
abzüglich persönlicher Freibetrag |
|
|
Stkl. I a |
500.000 |
|
Stkl. I b |
400.000 |
|
Stkl. II u. III |
20.000 |
|
abzüglich Versorgungsfreibetrag |
|
|
StKl. I a |
256.000 |
|
StKl. I b (altersabhängig) |
|
|
Zu besteuerndes Vermögen |
|
|
Steuersatz (steuerklassen- und vermögensabhängig) |
|
% |
Steuerbetrag |
|
|
Helmut Laser