Steuerhinweis für Rentner Nr.41                                         4.4.2012

Vorschlag eines vereinfachten Besteuerungsverfahrens für Rentner und Arbeitnehmer als Übergangslösung

(ohne Änderung der Freibeträge, Tarife und sonstigen Vergünstigungen)

1. Vorbemerkungen

Lt. Statistik sind inzwischen mehr als 20 % der Bürger über 65 Jahre alt und somit Rentner und weitere 20 % bis zu 20 Jahre alt und zu einem großen Teil in der Ausbildung und weitgehend Geringverdiener. Von den restlichen Bürgern dürfte ein weiterer nennenswerter Anteil als Geringverdiener keine Steuern zahlen oder lediglich Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis beziehen und an einer schnellen Steuerveranlagung wegen Steuerrückzahlung interessiert sein. Die Gruppe der über 65jährigen wird bis 2030 sogar auf 30 % steigen. Die bisher mögliche vereinfachte Einkommensteuererklärung für Arbeitnehmer (Vordruck ESt1V) deckt den Kreis der Rentenbezieher nicht mit ab. Für diesen Kreis ist nach heutigem Stand der Technik dennoch ein vereinfachtes Steuerveranlagungsverfahren ohne oder nur mit geringem Erklärungsaufwand möglich. Dieses würde den Steuerpflichtigen und auch die Steuerverwaltung erheblich entlasten.

2. Beschreibung des Übergangsverfahrens

Die Finanzverwaltung erhält von den Sozialversicherungsträgern Rentenbezugsmitteilungen. Die Lohnbescheinigungen des Arbeitgebers sind der Finanzverwaltung ebenfalls elektronisch zu übermitteln. Auch Banken und Versicherungsgesellschaften sind verpflichtet, die steuerlich relevanten Daten an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Kapitalerträge unterliegen zudem weitgehend der Abgeltungssteuer und sind insoweit nur in eine Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen, wenn diese Einkünfte dadurch einer geringeren Besteuerung unterliegen (Günstigerprüfung durch das Finanzamt). Alle Daten werden dem Steuerpflichtigen unter seiner Steuer- und Identifikationsnummer (IdNr.) in einer bundesweiten Datenbank zugeordnet.

Mit diesem Datenbestand sind die zuständigen Finanzämter auch ohne Einschaltung des Steuerpflichtigen in der Lage, eine vorläufige Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und der zu entrichtenden Jahressteuer durchzuführen. Dabei werden folgende gesetzliche Regelungen berücksichtigt:

Versorgungsbezüge werden um den 40%igen Versorgungsfreibetrag (max. Höchstbetrag) und die Werbungskostenpauschale für Versorgungsbezüge von 102 € gemindert.

Übrige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden um 1.000 € Arbeitnehmerpauschale reduziert.

Die Rentenbezüge werden aus der Mitteilung des Rentenversicherers übernommen, der im Erstjahr des Rentenbezugs festgestellte Freibetrag wird davon abgezogen.

Kapitalerträge werden lt. Bankmitteilung (auch die mit Abgeltungssteuer zwecks Günstigerprüfung) erfasst und um den Sparer-Pauschbetrag reduziert.

Die Summe ergibt den Gesamtbetrag der Einkünfte.

Bei über 64Jährigen wird der Altersentlastungsbetrag systemmäßig berücksichtigt.

Aus der Lohnbescheinigung und der Rentenbezugsmitteilung werden für den Sonderaus-gabenabzug die einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge erfasst. Bei Rentnern sind dieses die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Sie werden als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte ohne weitere Höchstbetragsberechnung abgezogen. Weitere Sonderausgaben werden zunächst ignoriert und können nur durch den Steuerpflichtigen nachträglich geltend gemacht werden, wenn es sich bei der Steuerberechnung auswirkt.

Dem Finanzamt nachgewiesene Behinderten-Freibeträge werden von Amtswegen berücksichtigt.

Die in den Lohnbescheinigungen und Bankmitteilungen bescheinigten Steuerbeträge werden auf die errechnete Einkommensteuer und Solidaritätsabgabe angerechnet. Entsprechendes gilt für ggf. geleistete vierteljährliche Vorauszahlungen.

Das System erstellt daraufhin unter Berücksichtigung einer Günstigerprüfung für Kapitalerträge und ggf. für den Sonderausgabenabzug den vorläufigen Steuerbescheid und übermittelt ihn dem Steuerpflichtigen, wenn möglich per Mail. Der Steuerpflichtige muss dem Bescheid entweder schriftlich zustimmen und dabei erklären, dass keine weiteren Einkünfte bezogen wurden oder er kann dem Bescheid widersprechen und weitere Aufwendungen oder Einkünfte (z. B. Verluste) geltend machen.

Ergibt sich auch unter Einbeziehung eventueller Kapitalerträge keine Steuerschuld, wird der Steuerbescheid zu einem „Nicht- Veranlagungsbescheid“ und kann bei Kreditinstituten anstelle der Freistellungsbescheinigungen zur Freistellung von der Erhebung der Abgeltungssteuer genutzt werden. Dieser erste Bescheid gilt für 3 Jahre und wird dann anhand der aktuellen Bankmitteilungen und Entgeltbescheinigungen überprüft. Entstehen dabei Steuerbeträge, werden sie ggf. auch für Vorjahre nachträglich erhoben. Der Steuerpflichtige braucht von sich aus eine Steuererklärung für Folgejahre nur noch abzugeben, wenn sich aus seiner Kenntnis durch höhere Bezüge oder neue Einkünfte künftig zu besteuernde Einkünfte ergeben und eine Steuerschuld entsteht.

Die vorläufige Steuerveranlagung kann das Finanzamt unmittelbar nach Vorlage der Daten durchführen. Darüber hinaus sollte dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden, eine Veranlagung auf Basis der elektronisch übermittelten  Daten von sich aus zu beantragen, wenn er eine Erstattung erwartet oder einen Nicht-Veranlagungsbescheid für seine Bank benötigt, um den Abzug der Abgeltungssteuer zu vermeiden. Dazu könnte ein entsprechend angepasster  Erklärungsvordruck ESt1V genutzt werden, der um eine Erklärung zu ergänzen wäre, dass keine anderen als die elektronisch übermittelten Einkünfte erzielt wurden (siehe Anlage 1).

Wie ein solches vereinfachtes Veranlagungsverfahren ohne Beteiligung des Steuerpflichtigen aussehen könnte, ergibt sich aus den als Anlage 2 beigefügten Beispielen. Im Beispiel 1 ergeben sich Steuerbeträge, im Beispiel 2 könnte künftig auf eine Steuererklärung verzichtet werden, weil auch die Bank aufgrund des „Nicht-Veranlagungsbescheides“ keine Abgeltungssteuer mehr erheben müsste.

3. Schlussbemerkung  und Empfehlung:

Dieses vereinfachte Verfahren führt zu keiner Aufkommensminderung, weil es die Steuer auf Basis des  bestehenden Rechts ermittelt. Sie stellt lediglich ein Verfahren dar, das einen großen Teil der Rentner und Arbeitnehmer von der bürokratischen Erstellung der Einkommensteuer-erklärung befreit und dazu beiträgt, dass auch die Finanzverwaltung das Veranlagungsverfahren schneller und mit weniger Kontrollaufwand (Belegkontrolle) durchführen kann.

Die Masse der Rentner und Bezieher von geringen Einkommen würde von der Abgabe der Steuererklärung für die Folgejahre befreit sein. Dennoch hätte die Finanzverwaltung die Möglichkeit, eintretende Veränderungen der Einkünfte mit geringem Aufwand (durch das System) bezüglich der Auswirkungen auf die Steuerschuld zu überprüfen und ggf. eine (vereinfachte) Steuererklärung anzufordern.

Bereits am 9.12.2010 hat sich der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und FDP auf ein umfassen-des Paket steuervereinfachender und die Bürokratie entlastender Maßnahmen geeinigt, die aber bisher nicht umgesetzt wurden. Dazu gehört auch die vereinfachte Steuererklärung. Der jetzt vorliegende Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 greift neben Anpassungen an das EU-Recht auch Empfehlungen des Bundesrechnungshofes zur Vereinfachung des Steuerrechts auf.

Es wäre nunmehr an der Zeit, die unter 2. vorgeschlagenen Vereinfachungen für die Besteuerung von Rentnern und geringer verdienenden Arbeitnehmern in Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 zum 1.1.2013 mit umzusetzen.

Helmut Laser