Steuerhinweis für Rentner Nr. 60 1.3.2015
Verlustabzug bei nicht ausgeglichenen negativen Einkünften
1.
Vorbemerkungen
Bei Veräußerungsgeschäften mit Wertpapieren ist ab 2009 der
Begriff „Spekulationsgeschäfte“ entfallen. Das bedeutet, dass auch bei
Wertpapierveräußerungen, die mehr als 1 Jahr nach der Anschaffung des
Wertpapiers vorgenommen werden, die je
Wertpapier entstehenden Gewinne bzw. Verluste zu ermitteln sind und ggf.
untereinander oder mit anderen Veräußerungsgeschäften verrechnet werden können
(Steuerhinweis für Rentner Nr. 46 Ziffer 8).
Aber auch für andere Einkunftsarten, die in einem Kalenderjahr negative Einkünfte ergeben und durch andere Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, kann die Frage nach der Verrechnungs- möglichkeit mit positiven Einkünften anderer Veranlagungsjahre von erheblicher Bedeutung sein. Dieses gilt besonders, wenn durch Reduzierung laufender Einkünfte z.B. beim Eintritt ins Rentner- dasein oder durch unvorhergesehene Arbeitslosigkeit die kalkulierte Ausgleichs- bzw. Verrech- nungsmöglichkeit sich gravierend ändert. Daher soll das Thema nochmals im Zusammenhang dargestellt werden.
2. Verlustabzug
Negative
Einkünfte sind zunächst grundsätzlich mit den positiven Einkünften eines Kalenderjahres
zu verrechnen. Erst wenn sich dabei ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte
ergibt, ist dieser Minusbetrag als Verlustabzug im Rahmen des § 10 d EStG zu
behandeln. Dabei ist zunächst ein Verlustrücktrag und erst dann ein Verlustvortrag
durchzuführen.
Der Verlustrücktrag
ist nur mit dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum möglich. Wenn sich
für das Vorjahr kein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte
ergeben hat, ist nur ein Verlustvortrag möglich. Der Verlustrücktrag ist auf 1.000.000 € begränzt, bei einer Zusammen-
veranlagung
von Ehegatten auf 2.000.000 €. Der Verlustrücktrag erfolgt vom Gesamtbetrag
der für das Vorjahr festzustellenden Einkünfte vor abzugsfähigen Sonderausgaben,
außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen. Lediglich die nach
§ 34 a EStG für dieses Jahr zulässigen Begünstigungen für nicht entnommene Gewinne
sind zuvor vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen.
Bei Personengesellschaften
und Personengemeinschaften gelten die Höchstbeträge für jeden Beteiligten. Der
auf den einzelnen Beteiligten entfallende Verlustanteil wird im Gewinnfeststellungs-
bescheid
entschieden und festgestellt.
Ist für das Vorjahr bereits eine Einkommensteuerveranlagung durchgeführt und ein Steuerbescheid erlassen worden, ist dieser Bescheid bezüglich des Verlustrücktrags zu berichtigen. In diesem Fall endet die Festsetzungsfrist für das Vorjahr nicht, bevor die Festsetzungsfrist für das Verlustent- stehungsjahr nicht abgelaufen ist. Damit ist die wirksame Durchführung eines Verlustrücktrags sichergestellt.
Der Steuerpflichtige kann auf den Verlustrücktrag aber auch ganz oder teilweise verzichten. Dazu muss er dieses beim Finanzamt entsprechend beantragen und dabei die Höhe des Verlustrücktrags angeben. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit, die durch Verlustverrechnung eintretende Steuer- minderung günstig zu gestalten (siehe Beispiele bei Schlussbemerkungen).
Ein Verlustvortrag in Veranlagungszeiträume nach dem Jahr der Verlustentstehung ist möglich, wenn ein Verlustrücktrag nicht bzw. nur teilweise möglich war oder auf Antrag der Rücktrag nicht durchgeführt wurde. Der Verlustvortrag für bisher nicht ausgeglichene Verluste ist in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1.000.000 € (bei einer Zusammenveranlagung von Ehegatten bis 2.000.000 €) unbeschränkt und darüber hinaus bis zu 60 % des 1 bzw. 2 Mio € übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte abziehbar ( gilt auch vor Abzug von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen).
3. Gesonderte
Feststellung
Der am Schluss eines
jeweiligen Veranlgungsjahres verbleibende Verlustvortrag ist durch das Finanzamt
gesondert zu ermitteln und in einem Bescheid festzustellen.
Im Jahr der
erstmaligen Verlustentstehung ist der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags
der Einkünfte nicht ausgeglichene Verlust um den für das Vorjahr verrechneten
Verlustrücktrag und die in den Folgenden Jahren abziehbaren Beträgen zu
mindern und um die im Vorjahr verblie- benen Verlustvorträge zu erhöhen.
Zuständig für die gesonderte Feststellung des Verlustvortrags ist das Finanzamt, das auch für die Besteuerung zuständig ist. Dabei sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums entsprechen, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird bzw. des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann. Die Feststellungsfrist dieses Bescheides endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist.
4.
Verlustabzug für Einkünfte aus Kapitalvermögen
Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1
und 2 EStG unterliegen grundsätzlich der Abgeltungssteuer und sind nur auf Antrag
in die Einkommensteuererklärung einzubeziehen. Werden Aktien in einem Depot gehalten, hat die auszahlende
Stelle (§ 43 a Abs. 3 EStG) negative
Kapitalerträge einschließlich gezahlter Stückzinsen bis zur Höhe der positiven
Kapitalerträge auszugleichen. Nicht ausgeglichene Verluste werden vom
Kreditinstitut für Folgejahre vorgetragen, wenn der Gläubiger nicht bis zum 15.12. des lfd. Jahres mit amtlich
vorgeschriebenem Muster eine Bescheinigung über die Höhe des nicht
ausgeglichenen Verlustes beantragt. Dieses kann sinnvoll sein, wenn noch andere
verrechnungsfähige Kapitalerträge im Veranlagungsverfahren zu erfassen sind.
Die nicht ausgeglichen Verluste aus Kapitalvermögen dürfen jedoch nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet oder nach § 10 d EStG abgezogen werden. Sie mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den Folgejahren aus Kapitalvermögen erzielt. Verluste aus der Veräußerung von Aktien dürfen nur mit Gewinnen ausgeglichen werden, die aus der Veräußerung von Aktien entstanden sind.
Für Altverluste, die aus 2008 übernommen wurden oder durch Aktienverkauf innerhalb der bis 2008 geltenden Spekulationsfrist von 12 Monaten in 2009 verkauft wurden, war eine Verrechnung mit Gewinnen aus Kapitalvermögen nur noch bis 2013 möglich (§ 52a Abs.11 Satz 11 EStG). Aktienverluste aus vor dem 1.1.2009 erworbenen und nach Ablauf der Spekulationsfrist nach dem 31.12.2008 veräußerten Aktien sind nicht ausgleichsfähig, weil § 20 Abs. 2 EStG erst für nach dem 31.12.2008 erworbene Anteile anzuwenden ist (§ 52 a Abs. 10 EStG).
5.
Schlussbemerkung
Wer seine z. B. bei Geschäftsgründung oder bei Spekulationen
zu erwartenden Verluste steueroptimierend einsetzen will, sollte sich rechtzeitig
mit der geltenden Rechtslage einer Verlustverrechnung auseinander setzen und
dabei nicht übersehen, dass nur eigene positive Einkünfte eine Steuerersparnis
bei Verlustverrechnung ermöglichen.
Helmut Laser
Beispiele für die steuerlichen Auswirkungen des Verlustabzugs
2013 |
2014 |
2015 |
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Beispiel A lediger Unternehmer | Verlustrücktrag | ESt und EA |
Verlustentstehung |
Verlustvortrag | ESt und EA |
Verlust/Gewinn aus Gewerbebetrieb |
|
|
-2.000.000 |
1.000.000 |
|
sonstige Einkünfte |
1.500.000 |
|
1.000.000 |
1.500.000 |
|
Gesamtbetrag der Einkünfte |
1.500.000 |
695.542 |
-1.000.000 |
2.500.000 |
1.170.247 |
Verlustrücktrag / Verlustvortrag |
-1.000.000 |
|
|
-1.000.000 |
|
korrigierter Gesamtbetrag der Einkünfte |
500.000 |
220.792 |
-1.000.000 |
1.500.000 |
695.497 |
Steuerminderung auf Verlustanrechnung |
|
474.750 |
|
|
474.750 |
Wegen des Spitzensteuersatzes ergibt sich bei Rück- oder Vortrag kein Unterschied in der Ersparnis . | |||||
BeispielB lediger Unternehmer | Verlustrücktrag | ESt und EA | Verlustentstehung | Verlustvortrag | ESt und EA |
Verlust/Gewinn aus Gewerbebetrieb |
0 |
|
-2.000.000 |
1.000.000 |
|
sonstige Einkünfte |
500.000 |
|
1.000.000 |
1.500.000 |
|
Gesamtbetrag der Einkünfte |
500.000 |
220.792 |
-1.000.000 |
2.500.000 |
1.170.247 |
Verlustrücktrag / Verlustvortrag |
-500.000 |
|
|
-500.000 |
|
korrigierter Gesamtbetrag der Einkünfte |
- |
- |
-1.000.000 |
2.000.000 |
932.872 |
Steuerminderung auf Verlustanrechnung |
|
220.792 |
|
|
237.375 |
Die Gesamtminderung beträgt 458.167 und ist geringer als im Beispiel A, weil beim Rücktrag nur die Eingangssteuerbelastung wirkt. | |||||
|
|||||
BeispielC lediger Unternehmer | Verlustrücktrag | ESt und EA | Verlustentstehung | Verlustvortrag | ESt und EA |
Verlust/Gewinn aus Gewerbebetrieb |
- |
|
-2.000.000 |
-500.000 |
|
sonstige Einkünfte |
500.000 |
|
1.000.000 |
1.500.000 |
|
Gesamtbetrag der Einkünfte |
500.000 |
220.792 |
-1.000.000 |
1.000.000 |
458.122 |
Verlustrücktrag / Verlustvortrag |
|
|
|
-1.000.000 |
|
korrigierter Gesamtbetrag der Einkünfte |
|
|
-1.000.000 |
0 |
|
Steuerminderung auf Verlustanrechnung |
|
0 |
|
|
458.122 |
Die Minderung beträgt 458.162 und ist geringer als im Beispiel A, weil beim Vortrag voll die niedrigere Eingangssteuerbelastung wirkt. | |||||
Fazit: |