Steuerhinweis für Rentner Nr.31                                              14.8.2010
 
Wie sicher sind unsere Renten und brauchen wir nach wie vor eine grundlegende Steuerreform

Vorbemerkungen
Vor 5 Jahren gab es vor der Bundestagswahl keinen Tag, an dem in den Medien nicht über die schlechte konjunkturelle Lage und ihre Folgen für die Entwicklung in Deutschland, die öffentlichen Haushalte, den Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme sehr kontrovers diskutiert wurde. Um etwas zur sachlichen Diskussion beizutragen und meine eigenen Überlegungen dazu festzuhalten, habe ich im Juli 2005 unter der Überschrift „Wie sicher sind unsere Renten und wie können sie künftig gesichert werden“ eine umfangreiche Abhandlung verfasst, in der ich zu folgenden Fragenkomplexen Stellung bezogen habe (siehe Beitrag „Renten und Steuerreform“):

Heute werden die meisten der damals vertretenen Thesen immer noch bzw. wieder neu diskutiert. Es stellt sich daher die Frage, was hat sich in der Zwischenzeit getan und wie haben sich die Rahmenbedingungen verändert.

Maßnahmen der großen Koalition
Nach der Bundestagswahl 2005 hat die große Koalition die Politik gestaltet und einiges von meinen Überlegungen in die Tat umgesetzt.

Absichtserklärung der Schwarz/Gelben Koalition
Die von der FDP im Bundestagswahlkampf 2009 versprochene Vereinfachung des Steuerrechts und weitere erhebliche Senkung der Ertragsteuern sowie steuerliche Entlastung des Mittelstandes mussten wegen der Banken- und Wirtschaftskrise und der dadurch sinkenden Steuereinnahmen und der notwendigen Neuverschuldung durch die neue Regierung zurückgestellt oder gar aufgegeben werden. 
Die dringend notwendige Gesundheitsreform scheint ebenfalls an fehlender Finanzierungsmöglichkeit zu scheitern.
Eine Energiedebatte mit der Laufzeitthematik der Kernkraftwerke führt genau so zu einer Zerreißprobe in der Koalition zu werden wie andere kontrovers diskutierte Themen.

Wie geht es weiter
Neuerdings kommt sogar die Rente mit 70 ins Gespräch. Im Hinblick auf die steigende Lebensdauer der Rentenbezieher und den prognostizierten fehlenden qualifizierten Arbeitskräften muss man sich fragen, wie aus den Beiträgen der arbeitenden Bevölkerung das steigende Volumen  der Renten im Rahmen des Generationenvertrages aufgebracht werden kann und ob nicht die Verlängerung der Lebensarbeitszeit die einzige Möglichkeit ist, das Problem einigermaßen in den Griff zu bekommen.
Voraussetzung ist jedoch, dass dafür genug Arbeitsplätze zur Verfügung stehen und insbesondere auch für gering Qualifizierte eine Beschäftigungsalternative mit ausreichendem Einkommen geschaffen wird sowie für ältere Arbeitnehmer Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, die sie ausfüllen können.

Da in den künftigen Diskussionen wie bisher häufig nur oberflächlich diskutiert werden kann und die in Talkshows vertretenen Interessengruppen nur einseitig und vielfach auch unsachlich ihre Standpunkte vertreten, ist es notwendig, dass die Moderatoren dieser Sendungen sachlicher und fachlicher informieren und leiten, damit die Meinungen und Argumente nicht im Stimmgewirr der Teilnehmer untergehen.

So wird in Talkshows und der Presse vielfach durch Einzelfälle dargestellt, dass Besserverdienende bevorteilt oder Großkonzerne zu Lasten der gering verdienenden Bevölkerung begünstigt werden. Es wird dabei meist der Eindruck erweckt, als müssten im wesentlichen die Sozialhilfeempfänger und Rentner die Zeche durch höhere Abgaben bezahlen.

Bei dieser Diskussion wird immer außer Acht gelassen, dass  Sozialhilfeleistungen steuerfrei sind und die Steuerbelastung bei verheirateten Steuerpflichtigen bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 15.000 € durch die gesetzlichen Grundfreibeträge gleich null ist. Erst für darüber hinaus gehende Beträge ist ein Steuersatz von 15% anzuwenden, der langsam steigt und bei 30.000 € 30% beträgt. Da Renteneinkünfte nur etwa zur Hälfte in die Einkommensermittlung einbezogen werden und über Sonderausgaben und andere Abzugsbeträge weitere Minderungen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens  eintreten, kann man davon ausgehen, dass bei Verheirateten, die ausschließlich von der Sozialversicherungsrente leben, sogar bis zu 30.000 € unversteuert bleiben. Für Ledige gelten jeweils die Hälfte der genannten Euro-Beträge.

Andererseits unterliegen zu versteuernde Einkommensbeträge ab 52.882 € bereits dem Steuersatz von 42% und ab 250.731 € sogar von 45%. Da zu der erhobenen Einkommensteuer zusätzlich 5,5% Solidaritätszuschlag entstehen, ergibt sich für die Besserverdienenden bereits für Einkommensbeträge ab ca. 53.000 € eine Steuerbelastung von mehr als 44 bzw. 47%. Bei Kirchenzugehörigkeit steigt die Gesamtbelastung sogar auf über 50%. Daraus folgt, dass dieser Personenkreis unbestritten ca. ¾ des Steueraufwandes erbringt. Es fragt sich daher, ob es richtig ist, wenn bei der Diskussion über Steuersenkungen davon gesprochen wird, dass die Reichen begünstigt und die Armen benachteiligt werden. Wenn ein großer Teil der geringer Verdienenden gar keine Steuern zahlen und ein kleiner Teil der Steuerzahler durch hohe Steuersätze das Steueraufkommen erbringt, dürfte die Belastungsgrenze der Besserverdienenden sicher erreicht sein. Unter diesen Umständen, muss man sich daher die Frage stellen, ob die Forderung der FDP, die Steuern für den Mittelstand weiter zu senken, unter dem Slogan „Arbeit muss sich wieder lohnen", nicht doch eine gewisse Berechtigung hat.

Fazit
Wer sich die Mühe macht, meine Ausführungen aus dem Jahre 2005 zu lesen, wird feststellen, dass sich einiges geändert hat, aber dass die damals dargestellte Problematik auch heute noch ungelöst ist und daher weiter diskutiert werden muss. Somit haben meine damaligen Thesen vielfach auch heute noch ihre Berechtigung.

 Helmut Laser